Gedanken zum Thema Toleranz…

Diese machte sich Pfarrer Peter Peischl aus Vohenstrauß in seiner Ansprache am Mahnmal für die ermordeten Weidener jüdischen Bürger anlässlich der Gedenkfeier in der Konrad-Adenauer-Anlage am 11.11.2012:

…Unsere Aktionen „Nazis raus!“ oder wie sie heißen – sie lehnen oft „die anderen da“ ab:

„Raus! Mit denen wollen wir nichts zu tun haben.“

Äh, wie hieß das 1938?

Wenn wir nicht aufpassen, laufen wir damit in eine Falle. Person und Werk sind zu trennen: Einem, der – nach meiner Meinung – die falschen Ziele hat, kann und darf man nicht absprechen, ein Mensch zu sein. Und der ist – nach biblischer Überzeugung – Gottes Geschöpf. Herkunft, Religion – der andere Mensch ist und bleibt Mensch. Da gilt es auch für uns aufzupassen. Nicht nur an den Synagogen…


Ich bin da in so ein Projekt ´reingeschlittert… TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN heißt es.

Anastasia Poscharsky-Ziegler über das Programm „Toleranz fördern & Kompetenz stärken“ in Weiden:

Ich bin da in so ein Projekt ´reingeschlittert…
„TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ heißt es.


Das Bundesfamilieninisterium will mit dieser Fördermaßnahme in ausgewählten Städten, die sich erfolgreich beworben haben, Kinder und Jugendliche für Demokratie, Toleranz und Fremdenfreundlichkeit stärken. Mir wurde die Öffentlichkeitsarbeit übergeben und auf einmal gehörte ich dazu…

Nun nach dem ersten von zwei Förderjahren werden Bürger unserer Stadt sagen „Wir haben es ja gewusst: Das Programm hat nichts gebracht! Das ist alles nur Steuergeldverschwendung!“

Es ist auch wirklich nicht leicht zu sagen, was sich nun dramatisch verändert hat. Ist denn überhaupt etwas passiert?

– Schon vier Schulen unserer Stadt haben sich dazu verpflichtet das Thema Ausgrenzung offensiv anzugehen, anzusprechen, mit den SchülerInnen Strategien einzuüben um schlimme Auswüchse zu verhindern

– LehrerInnen und ErzieherInnen lernen in fünf ganztägigen Workshops sich aktiv einzusetzen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Diskriminierung.

– Einheimische und Zuwanderer beschäftigen sich in intensiven Gesprächen mit gesellschaftlichen Themen wie Gleichberechtigung, Lebensentwürfen und Religion

– Ein Kinder- und Jugendsporttag brachte Menschen über innere Distanzen hinweg zusammen.

– Die Nachmittagsbetreuung einer Schule setzt sich in fünf Arbeitsgruppen für einen toleranteren Umgang ein, Gymnasiasten arbeiten in intensiver Recherche an einem „Weißbuch Integration“ mit nützlichen Hinweisen für Zuwanderer in unserer Stadt

– Sozialpädagogen besuchen eine Fachtagung um mit Behinderten das heikle Thema „Euthanasie im Dritten Reich“ sensibel zu behandeln.

– Zehn Überlebende des Holocaust begegnen als Zeitzeugen den Schülern unserer Stadt und erzählen vom dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte.
Das sind nur einige der laufenden 18 Projekte…


Und was mache ich dabei so?

Als Mittfündzigerin gehe ich plötzlich ins Jugendzentrum. Ich spiele nach mehr als vierzig Jahren wieder Flöte. Ich halte mich regelmäßig in dem Stadtteil auf, den ich bisher peinlich gemieden hatte. Ich habe neue Kontakte und Freunde, führe Gespräche über andere Themen als früher. Ich schreibe statt Theaterkritiken jetzt Stücke für ein Kinderpuppentheater. Ich überlege pausenlos, was Demokratie im Alltag bedeuten kann…und komme zu Ergebnissen.

Meine Integrationsgruppe sitzt nicht mehr wie früher isoliert im Hinterzimmer, sondern bricht auf zu neuen Partnern und Orten, vernetzt sich, wird lebendiger und erarbeitet sich ungeahnte Möglichkeiten. Neue Gesichter sind unter den bekannten zu sehen…

Natürlich war ich eine Demokratin. Damit meine ich, dass ich nie eine Wahl versäumt habe, im Fall der Fälle Briefwahlunterlagen anforderte, diese fristgerecht ausfüllte und absandte.
Aber bin ich deshalb allein schon demokratisch? Kann ich denn wirklich einer konträren Meinung zuhören, kann ich sie gelten lassen? Kann ich debattieren, mit meiner Meinung unterliegen und die Meinung der Mehrheit aktiv mittragen?

Ist es nicht viel bequemer jemanden mit geschickten Formulierungen mal schnell zu überfahren und sich durchzusetzen? Ist es nicht angenehmer und schneller, wenn es nach dem eigenen Kopf geht als mit anderen zu argumentieren – auf der mühsamen Suche nach dem besten Weg für alle ?

Tolerant war ich auch. Bestimmt doch! Polyglott, mit Freunden aus aller Herren Länder.

Aber reicht das?

Bin ich wirklich fähig Menschen anderer Kulturen an meinem Lebensumfeld gleichberechtigt partizipieren zu lassen? Sie nicht nur im günstigsten Fall gönnerhaft zu dulden? Mich nicht ihrer Exotik zu bedienen und mich zu schmücken? Mag ich Menschen anderer Kultur, Religion und Sprache auch als Nachbarn und Kollegen haben – ja, eventuell sogar als Schwiegersohn, als Vater meiner Enkel ? Hm.

Einige werden sagen „Es tut sich da rein gar nichts!“

Ich sehe das etwas anders…..denn ich bin in dieses Projekt hineingeschlittert…

Fest steht: das Projekt verändert mich.

Anastasia Poscharsky-Ziegler

Kommende Veranstaltungen in der Weidener Regionalbibliothek

Folgende Veranstaltungen sind in den nächsten Monaten in der Regionalbibliothek Weiden zu sehen:

Mittwoch, 26. September 2012 – 20 Uhr
Kinder der Verlierer – Erinnerungen einer Generation

Mittwoch, 07. November 2012 – 19.30 Uhr
Meine Sprache wohnt woanders – Lesung mit Lea Fleischmann

Freitag, 23. November 2012 bis Samstag, 15. Dezember 2012
Ausstellung: Opfer rechter Gewalt

Das KZ Flossenbürg – Die SS als Wirtschaftsunternehmen

Ausstellungseröffnung der Hans-Scholl-Realschule

„Das Konzentrationslager Flossenbürg
– Die SS als Wirtschaftsunternehmen“


Der heute 87jährige Zeitzeuge Michael Smuss brachte Schülern seine Geschichte von Ghetto, Lagerhaft und Todesmarsch nah. Im Anschluss eröffnete er eine Austellung von Schülern zum Thema „Die SS als Wirtschaftsunternehmen“ im Rahmen des Bundesförderprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“

„Das demokratische Deutschland ist ein Wunder. Möglich gemacht haben es verantwortungsvolle Lehrer und Lehrerinnen“

Dieses ist eines von vielen druckreifen Zitaten, mit denen Michael Smuss – Überlebender des KZ Flossenbürg – die Schüler der Hans-Scholl-Realschule am Freitag in seinen Bann zog. Herzlich und sehr persönlich schilderte er sein ganzes Leben, unter anderem seine Zeit beim Warschauer Ghettoaufstand 1943, die Lagerhaft in Flossenbürg und den Todesmarsch. Dass er 1945 befreit war, hatte er erst gemerkt, als er bei medizinischer Betreuung erwachte. Der Draht, mit dem seine Kleidung „zusammengenäht“ war, hatte ihm schwere Scheuerverletzungen zugefügt. „Das hatte eine große Theatralik wegen des vielen Blutes – ich wurde dann als VIP im Lazarett behandelt.“ Nach dem Holocaust emigrierte er in die USA, sagte aber absichtlich Frau und Kinder nichts über sein Holocaust-Schicksal, wollte sie nicht belasten. Erst seit 1993 redet er offen und auf Vorträgen über seine Vergangenheit. „Nach dem Krieg mussten wir nach vorne schauen – Yankees werden.“

„Als Jugendlicher heute hat man es schwerer als früher“

Bemerkenswert ist seine Art, sich für Schüler zu interessieren. Selbst bei der Eröffnung der Ausstellung „Das Konzentrationslager Flossenbürg –Die SS als Wirtschaftsunternehmen“ geht er auf Schüler ein, die diese Ausstellung aufgebaut haben, besteht auf Fotos zusammen mit einzelnen Schülern. „Woher kommst Du? Was wirst du nach der Schule machen? Du bist aus dem Osten! Woher? Kasachstan? Ich kannte da einen…“. Dass macht es den Schülern der 9.Klasse leicht, am Ball zu bleiben und hat eine menschliche Dimension, die Schulbücher nicht bieten können. Schulleiter Stefan Harbauer dankte Herrn Smuss und seiner Frau für ihr Kommen am Tag des Stauffenberg-Attentats. Frau Susanne Reinhardt (Stadt Weiden) und Andreas Klier (Stadtjugendring Weiden) betonten in ihrem Grußwort die Wichtigkeit des Festhaltens an der Geschichte als wichtigsten Teil der Prävention rechten Gedankenguts. Für die Firma VANTAGE Film GmbH – wichtiger Sponsor im Projekt – und für den Förderverein gleichzeitig sprach Hr. Bäumler, während ein Filmteam seiner Firma die ganze Veranstaltung mit mehreren Kameras und Tontechnik aufnahm.

„Die Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl war für uns im Warschauer Ghetto ein wichtiger Funke – zwei Tage später wurde dort auf die SS geschossen“

Die Hans-Scholl-Realschule bietet das Wahlfach „Arbeitskreis Flossenbürg“ unter der Leitung von StR Johannes Paar für Schüler an, die sich ein vertieftes Wissen über die NS-Zeit aneignen wollen, z.B. durch Besuch der Gedenkstätte und des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg. Ausgestattet mit Bundesmitteln des Programms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ sollen diese Schüler dann an anderen Schulen Jugendliche fit machen für den Besuch der Gedenkstätte Flossenbürg mittels eines Vortrags, eines Films und der neu eröffneten Ausstellung. Lehrer können das Team „buchen“ und so das Gesamtpaket an ihre Schule holen.

Die am Freitag eröffnete Ausstellung basiert auf den Ausstellungen der Gedenkstätte Flossenbürg und war nur mit deren Einwilligung und Hilfestellung möglich. Sie zeigt das System, in dem Zwangsarbeiter an Firmen verliehen wurden und die Häftlinge, die diese Zwangsarbeit ausführten.

Wer sich für die Ausstellung interessiert kann diese ab dem 1. August auf der Homepage der Schule im Internet betrachten unter www.hans-scholl-rs.de. Begeistert von dem Engagement der Schüler sicherte Michael Smuss alle ihm weitere mögliche Hilfe zu und bat um Kopien der Ausstellung, des Films und eine Samstags-Ausgabe von „Der Neue Tag“.

Freunde zu Gast beim Förderverein für die KZ-Gedenkstätte

Ein denkwürdiger Tag. Am 20.07.2012 jährt sich zum 68 Mal der Attentatsversuch vom 20. Juli 1944 auf Hitler. Eine Reihe führender Mitglieder aus dem militärischen Widerstand wurde am 09. April 1945 von den Nazis im KZ Flossenbürg ermordet. Opfer, die den Terror überlebten, kommen, und das ebenfalls heute, zurück – als Freunde. Ihnen zu Ehren gibt es bei dem Überlebendentreffen am Abend einen Empfang des Fördervereins für die KZ-Gedenkstätte. Hier können Sie den Bericht der Lokalzeitung nachlesen.