Die Rede des Bündnissprechers von „Weiden ist bunt“ Veit Wagner (rechts) zur Solidaritätsbekundung am Alten Rathaus:
Terrorakte in Nigeria, Massaker der Boko Haram in Baga, Terror der IS im Sindschar-Gebiet, Frauen als Geiseln, Tötung von Hunderten von Jeziden, Raif Badawi, der Internetaktivist wird mit 1000 Peitschenhieben bestraft… Haben wir all das wahrgenommen? Ja, am Rande.
Aber manche Nachrichten schlagen dann ein wie Bomben:
Paris, das Büro einer Redaktion, der Polizist am Straßenrand, ein Ladengeschäft mitten in der Stadt…
Brutal, hasserfüllt, unvorstellbar grausam das Geschehen. Wir sind voll des Entsetzens, voll der Betroffenheit und der Trauer, und wir wollen den Opfern und ihren Angehörigen unsere Solidarität vermitteln: Irgendwie. Der Versuch: Wir sind Charlie.
Nein, das Leid der ganzen Welt können wir nicht, wollen wir nicht, sollen wir nicht ertragen. Aber manche Schüsse treffen tiefer, sind ganz nah an unserer Welt, unserer Vorstellungswelt, lassen uns zutiefst aufschrecken.
Dann erscheint uns das Maß des Unerträglichen voll. Dann springt etwas in uns auf und schreit NEIN.
Der eindrucksvolle Marsch von Paris, die Kundgebungen in den großen Städten der Welt machten das deutlich. Und diese Betroffenheit darf ruhig auch nach weiteren Tagen in den kleineren Orten der Welt, wie hier in Weiden, als Echo öffentlichen Ausdruck bekommen.
Wir vom Bündnis „Weiden ist bunt“, wir fühlen uns gedrängt, in dieser Situation einige Aussagen zu machen für all die vielen, die hinter uns stehen, die Gesicht zeigen wollen.
Wir haben unser Mitgefühl und unsere Solidarität mit den Opfern auf unserer Homepage schon zum Ausdruck zu bringen versucht.
Hier und heute treten wir aber nochmals öffentlich ein für die Freiheit der Meinung, auch wenn sie schmerzt und verletzt. Wo ihre Grenzen sind, wird sie überlegen müssen. Wir treten ein für Vielfalt und Toleranz gegenüber allen Menschen. Für uns gelten die vielzitierten Worte der Französischen Revolution: Liberté, Égalité, Fraternité: Freiheit, Gleichheit, Solidarität.
Wir meinen das allgemein – und das ist wahrlich leicht gesagt.
Aber wir meinen das auch ganz konkret, ganz lokal für diese unsere Stadt, für diese unsere Gesellschaft auf diesem Fleck der Erde, auf dem wir stehen, zu dem Sie alle gekommen sind.
Hier und heute sind alle aufgerufen nach dem Rechten zu sehen, nach den Rechten zu sehen. Ja, nach den Rechten der Menschen im vielfältigen Sinn.
Wir stellen uns hinter all die Menschen, die in unserer Stadt wohnen und sich noch nicht voll integriert fühlen.
Wir denken an die Minderheiten, die Gemeinschaften und Gruppen, die dem jüdischen, dem moslemischen oder einem anderen Glauben anhängen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind und dabei sind hier Heimat zu finden. Wir denken dabei aber auch an all die Flüchtlinge, die es nach Weiden verschlagen hat und die hier unter keineswegs erfreulichen Umständen – oder gar jahrelang auf ein menschlicheres Leben warten.
Wir äußern hier Worte, ja, und wir wissen, es sind Lippenbekenntnisse.
Aber das soll deutlich werden: hinter diesen Worten stehen wir mit der Bereitschaft, auch etwas zu tun. Zu schätzen, zu verbessern, zu helfen. Der Infoabend „Asylbewerber in Weiden – Was tun? Was wie tun?“ hat es Überdeutlich gezeigt. Es kamen wohl über 100 Menschen zu diesem Treffen, die sich aktiv einbringen wollen. Gestern Abend haben es die Schülerinnen des Elly-Heu?-Gymnasiums gezeigt. Die Stadtgesellschaft ist wach, und sie ist präsent.
Wir lassen es allen wissen und setzen uns dafür ein: Hautfarbe, Religion, sexuelle Orientierung, kulturelle Eigenheiten dürfen nicht zu Ausgrenzung und Diskriminierung führen! Hier leisten die Schulen und viele andere Institutionen wichtige Beiträge.
Wir treten ein für eine humane, aktive und tolerante Gesellschaft, die sich durchaus auch der vielfältigen Probleme bewusst ist, die streitet, die diskutiert, aber dabei menschliche Lösungen sucht. Die mit Augenmaß, Toleranz und Mut agiert. In diesem Sinne gelten die Worte: Freiheit, Gleichheit, Solidarität als oberste Ziele, die unser soziales Verhalten steuern sollen. Ab hier und heute noch bewusster als bisher. Dies soll ein öffentliches Versprechen sein!
Veit Wagner
Sprecher des Aktionsbündnisses „Weiden ist bunt“.